Die Täterinnen - Der Versuch einer Typisierung
Noch einmal zurück zur Kriminalstatistik: Knapp 98 Prozent der angezeigten Missbrauchstäter sind Männer. Frauen werden seltener entdeckt. Doch auch sie gehören zu den Tätern. Mehr als man bisher glaubte.
Sie kommen aus allen sozialen Schichten und haben einen unterschiedlichen intellektuellen Stand. Sie sind verheiratet, leben alleine oder sind alleinerziehende Mütter. Einige Frauen vergewaltigen schon Kleinkinder, andere haben es auf Pubertierende abgesehen. Ihnen ist gemein, dass sie ihre Opfer nicht willkürlich auswählen und die gleichen Mechanismen benutzen, um ihre Tat zu vertuschen, wie auch männliche Täter.
Nach Studien aus den USA und Großbritannien kann man drei verschiedene Profile unterscheiden:
Die Liebhaberin
Diese Gruppierung von Täterinnen hat es eher auf Heranwachsende abgesehen. Sie suchen bewusst den Kontakt zu pubertierenden Jungen, um sie zum �echten Mann� zu machen. Dabei belügen sie sich selbst und definieren diese Liebesbeziehung als echte Partnerschaft, die sich eben nicht an gesellschaftliche Normen hält. Viele dieser Frauen wurden in ihrer Kindheit selbst missbraucht und suchen deswegen eine Beziehung zu Männern, die sie auf keinen Fall verletzen können. Körperliche Gewalt spielt hier kaum eine Rolle.
Von Männern gezwungene Täterinnen
Diese Täterinnen werden � zumindest am Anfang � von den männlichen Partner gezwungen, sich am Missbrauch des Kindes zu beteiligen. Sie werden �angeleitet�. Dabei ist meist massiv körperliche Gewalt im Spiel. Nach und nach entsteht so zwischen dem Täter und seinem erwachsenen Opfer eine totale Abhängigkeit. Die Mutter lebt wie im Gefängnis. Um mit dieser Situation leben zu können, erfinden Mittäterinnen Entschuldigungen, denn schließlich könnte es dem Kind noch schlechter gehen, wenn sie nicht mitspielen würden...
Sind sie dann endlich vom Partner getrennt, beenden viele Frauen den Missbrauch. Andere missbrauchen weiter. All ihr Hass über das Erlebte und der sexuelle Frust entlädt sich auf das Kind.
Erst Opfer, dann Täterin
Diese Frauen handeln allein. Meist sind die eigenen Kinder die Opfer. Um sie gefügig zu machen, greifen sie zu aggressiven Methoden. Die Kinder werden dabei sogar nicht selten schwer verletzt. Die Täterin unterstellt ihnen dabei aber, sie seien selbst schuld. Da hier meist schon Kleinkinder misshandelt werden, verlässt sich die Täterin auf ihre Rolle und ihren Einfluss als Mutter. Das Kind ist vollkommen abhängig.
Diese Täterinnen waren meist selbst Opfer von sexuellem Missbrauch. Ihre Taten an ihren eigenen Kindern �brauchen� sie, um sich eine gewisse seelische Entspannung zu verschaffen. Sie müssen zwanghaft selbst erleben, eine Machtposition inne zu haben.
Missbrauch kann sich durch Generationen fortsetzen. In Familien, in denen seit Jahren Mütterlichkeit, Sexualität und Gewalt eins geworden sind, kann jedes Bewusstsein für Missbrauch fehlen. Und jedes Mitgefühl für die Opfer.