In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wurden 2006 902.513 Personen als Opfer von Straftaten erfasst. Darunter waren 76.947 Kinder, wobei von diesen Opfer 12.765 einer Kindesmisshandlung wurde (§ 225 StGB) wurden.
Bei dem Delikt Misshandlung von Kindern muss von einer hohen Dunkelziffer nicht angezeigter Straftaten ausgegangen werden, da die Tat in erster Linie zuhause in der Familie verübt wird und die Opfer noch zu klein und hilflos sind, um auf sich aufmerksam zu machen. Charakteristisch für ältere misshandelte Kinder ist, dass sie oft aus Scham schweigen, weil sie glauben, sie seien zu Recht bestraft worden, z.B. für Bettnässen, schlechte schulische Leistungen u.ä.
Recht
Siehe auch Hauptartikel Gewalttat
Zivilrecht und Strafrecht basieren auf dem allgemeinen Gewaltverbot. Ausgenommen sind nur Situationen der Notwehr und des Notstands sowie Fälle des unmittelbaren Zwanges von Vollzugskräften des Staates (Gewaltmonopol des Staates).
Die Anwendung von Gewalt (lat. vis oder violentia), im Sinne von roher, verbrecherischen Gewaltsamkeit, wirkt hier strafverschärfend, z. B. bei Eigentums- und Sexualdelikten. Der „materielle“ Gewaltbegriff im Strafrecht setzt eine physische Zwangswirkung beim Opfer voraus. Gewalt wird daher meist als personales, weniger als psychisches oder gar soziales Handeln verstanden. Der Einsatz von Gewalt ist für den Akteur, also den Täter, subjektiv mit Vorteilen verbunden. Der Sinn des Gewalteinsatzes kann instrumentell sein – der Akteur versucht, zum Teil auch mangels anderer Mittel, ein bestimmtes Ziel zu erreichen – oder expressiv – der Gewalteinsatz dient dann etwa der Selbstdarstellung oder Selbstvergewisserung.
Die juristische Definition von Gewalt ist nach der heutigen Rechtsprechung zu definieren als körperlich wirkender Zwang durch die Entfaltung von Kraft oder durch sonstige physische Einwirkung, die nach ihrer Intensität dazu geeignet ist, die freie Willensentschließung oder Willensbetätigung eines anderen zu beeinträchtigen. (BGH NJW 1995, 2643)
Die Anwendung von Gewalt bei der Erziehung ist in Deutschland verboten. Erst 2000 wurde durch eine Gesetzesänderung das elterliche Züchtigungsrecht abgeschafft.
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Das Züchtigungsrecht bezeichnet das Recht einer Person, einer bestimmten anderen Person eine Strafe in Form einer körperlichen Züchtigung zu erteilen. Bestand und Umfang des Züchtigungsrechts ist je nach Jurisdiktion verschieden.
Züchtigungsrechte bestehen des Öfteren noch dort, wo die Gesellschaft die Züchtigung zur Durchsetzung einer Weisungsbefugnis oder eines Erziehungsauftrags traditionell akzeptiert. Andere Personen haben kein Züchtigungsrecht und machen sich ggf. strafbar, wenn sie eine Person züchtigen.
In Deutschland besaßen früher die Eltern in der Regel das Züchtigungsrecht über ihre Kinder. Andere Personen, z.B. Nachbarn, hatten dieses Recht nicht. Wenn also ein Kind von einem Nachbarn eine Ohrfeige bekam, konnte es sich um eine strafbare Körperverletzung handeln. Dieselbe Ohrfeige von der Hand der eigenen Eltern war jedoch im Rahmen des elterlichen Züchtigungsrechts zulässig.
Im Geltungsbereich von Züchtigungsrechten wird zwischen "angemessenen und maßvollen" Züchtigungen und "Misshandlungen" unterschieden, die unzulässig sind und ihrerseits eine Straftat darstellen. Wo genau die Grenze zwischen zulässiger und unzulässiger Züchtigung liegt, wurde historisch und regional sehr unterschiedlich definiert.
In Jurisdiktionen hingegen, in denen kein Züchtigungsrecht mehr besteht (z.B. Schweden, Deutschland), wird diese Unterscheidung nicht mehr getroffen: dort gilt jede Form der Züchtigung als Misshandlung oder als Körperverletzung.
Elterliches Züchtigungsrecht [Bearbeiten]
Im kaiserlichen Deutschen Reich bestand seit 1896 ein gesetzlich verankertes Züchtigungsrecht des Vaters über seine Kinder. § 1631 Abs. 2 BGB alter Fassung lautete:
- Kraft Erziehungsrechts darf der Vater angemessene Zuchtmittel gegen das Kind anwenden.
Das väterliche Züchtigungsrecht bestand in der Bundesrepublik Deutschland bis zum 1. Juli 1958, als das Gleichberechtigungsgesetz in Kraft trat, da das allein väterliche Züchtigungsrecht einen Verstoß gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz von Mann und Frau in Artikel 3 GG darstellte. Seit 1958 bestand das elterliche Züchtigungsrecht als in § 1626 BGB verankertes Gewohnheitsrecht weiter und schloss damit beide Elternteile (bzw. allgemeiner die Erziehungsberechtigten des Kindes) ein.
Die Vorschrift stellte damit im Sinne des Strafrechts einen gesetzlichen Rechtfertigungsgrund für eine tatbestandsmäßige Körperverletzung dar. Damit der Rechtfertigungsgrund griff, musste 1. ein konkretes Fehlverhalten vorliegen, die Züchtigung musste 2. zur Erreichung des Erziehungszieles erforderlich und angemessen sein und schließlich musste 3. der Täter mit Erziehungswillen handeln. Das Züchtigungsrecht war nicht übertragbar, übertragbar war jedoch die Ausübung des Züchtigungsrechts.
Die von der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1992 ratifizierte UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet die Vertragsstaaten unter anderem, alle geeigneten Gesetzgebungsmaßnahmen zu treffen, um das Kind vor jeder Form körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung zu schützen (Artikel 19). Jedoch ließ sich in Deutschland lange keine gesetzliche Änderung durchsetzen, weil eine Kriminalisierung der Eltern nicht gewünscht war.
Im Rahmen der Reform des Kindschaftsrechts von 1998 wurde § 1631 Abs. 2 BGB so umformuliert:
- Entwürdigende Erziehungsmaßnahmen, insbesondere körperliche und seelische Misshandlungen, sind unzulässig.
Diese Formulierung stellte noch kein generelles Züchtigungsverbot dar, sondern richtete sich nur gegen „entwürdigende“ Erziehungsmaßnahmen und grenzte zulässige, nicht entwürdigende Erziehungsmaßnahmen gegen Misshandlungen ab. Im November 2000 wurde § 1631 Absatz 2 Satz 1 so geändert:
- Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.
§ 1631 Absatz 2 Satz 2 stellt nun ein Verbot an die Eltern dar. Sie dürfen bei der Ausübung der Personensorge körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen nicht mehr verwenden. Eine Beschränkung der Strafbarkeit der Eltern nach Ausübung des Züchtigungsrechts kann daher nur mehr über das Kriterium der "Erheblichkeit" der körperlichen Beeinträchtigung erreicht werden ("Klaps auf den Po").
Das Gesetz zur Ächtung von Gewalt in der Erziehung vom 2. November 2000, am 6. Juli 2000 vom deutschen Bundestag verabschiedet, beinhaltet eine Neufassung des § 1631 BGB. Darin wird das Recht auf gewaltfreie Erziehung verankert. 1631 BGB Abschnitt (2) wird darin wie folgt gefasst:
„(2) Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“
Zugleich wurde am 2. November 2000 an § 16 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch folgende Ergänzung angefügt:
„Sie [Kinder- und Jugendhilfe] sollen auch Wege aufzeigen, wie Konfliktsituationen in der Familie gewaltfrei gelöst werden können.“
Das Gesetz steht in engem Zusammenhang mit den Zielsetzungen der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen vom Jahr 1989 und des Nationalen Aktionsplans für ein kindergerechtes Deutschland. Die „Kampagne Mehr Respekt vor Kindern“ diente dazu, diese Gesetzesänderung bekannt zu machen.[1]
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hob 2005 hervor, das Gesetz habe innerhalb der fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten zu einer Bewusstseinsveränderung in der Bevölkerung geführt. Eine vom Bundesjustizministermium in Auftrag gegebene Studie habe aufgezeigt, das sich die Erziehungseinstellung der Eltern immer mehr mit dem Leitbild der gewaltfreien Erziehung decke. Außenstehende hätten nun eine größere Bereitschaft, sich gegebenen Falles einzumischen, und Eltern hätten eine größere Bereitschaft, Hilfsangebote entgegenzunehmen.[2][3]